Feedback geben ist gefährlich!

Alle sind sich einig: Feedback ist unglaublich wichtig. Und das stimmt! Feedback ist die Basis für persönliche Weiterentwicklung und Lernen. Konstruktives Feedback steigert die Motivation und Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeiter. Das Problem ist: Richtig Feedback geben ist nicht einfach und Fehler hemmen möglicherweise die persönliche Entwicklung, zerstören Motivation und Zufriedenheit und wecken sogar aktive Ressentiments. Feedback geben ist riskant!

Wichtig. Schwierig. Riskant – das ist eine brisante Mischung. Die gute Nachricht: Feedback ist noch etwas: ein Skill. Und den kann man lernen!

Feedback ist weder Lob noch Nörgelei

Eine Studie der Harvard Business Review (Haver and Langer. 2015. Feedback: How to Give It and Take It.) mit mehr als 2000 Teilnehmern hat wesentliche Faktoren ermittelt, die erfolgreiches Feedback ausmachen:

Konkret und umsetzbar

Gutes Feedback bedeutet mehr, als ein Lob auszusprechen oder auf Mängel hinzudeuten. Es geht nicht darum, einfach zu sagen "X war gut/schlecht", sondern darum, konkrete Punkte herauszuarbeiten, die in Zukunft angegangen werden können – egal ob das Ziel ist, etwas zu verstärken, das super gelungen war, oder etwas zu ändern, das eher daneben ging.

Regelmäßig

Die Studie zeigte auch, dass regelmäßiges (z. B. wöchentliches) Feedback dazu beitragen kann, dass sich die Mitarbeiter wertgeschätzt und gehört fühlen.

Denkfehler: Feedback geben Führungskräfte an "Untergebene"

In meiner eigenen Arbeit stoße ich immer wieder auf ein weit verbreitetes Problem: Führungskräfte, die über die Feedbackkultur in ihrem Unternehmen nachdenken, suchen implizit nach Wegen, wie sie ihren Mitarbeitern besser Feedback geben können. Die Frage, wie sie besseres Feedback von ihren Mitarbeitern erhalten können, wird oft ausgeblendet. Deshalb habe ich mich besonders gefreut, dass die oben zitierte Studie (Haver and Langer 2015) auch zeigt, dass Führungskräfte, die aktiv um Feedback von ihren Teams bitten, eher in der Lage sind, leistungsstarke Mitarbeiter zu halten und die Gesamtproduktivität zu steigern. Das deckt sich 1:1 mit meiner eigenen Erfahrung aus der Arbeit mit meinen Kunden.

Feedback ist Geben und Nehmen!

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Feedback, wie jeder Kommunikationsprozess, mehr als einen Teilnehmer hat. Das bedeutet auch, dass der Skill "Feedback" eigentlich aus zwei Skills besteht: Feedback geben und Feedback annehmen. Was sind die wichtigen Komponenten dieser Skills?

Wichtig für den Geber

Feedback zeitnah geben:

Je länger das Ereignis/die Situation zurückliegt, zu der Feedback gegeben/erhalten wird, desto weniger effektiv ist dieses Feedback.

Um Erlaubnis fragen:

Feedback annehmen passt nicht immer zu jedem Zeitpunkt und ist oft emotional anstrengend. Feedbackgeber sollten daher nicht plötzlich und ungefragt "ihren Senf abgeben". Es ist besser, kurz zu fragen, ob der Zeitpunkt gut ist. Formulierungen wie "Mir ist da etwas aufgefallen, passt es gerade, dass wir kurz darüber sprechen?" sind nicht nur der höflichere Weg, sondern geben dem Feedbacknehmer auch Gelegenheit, sich auf das Gespräch einzustellen und offener für Kritik zu werden.

Eindrücke statt Fakten:

Feedback hat immer eine subjektive Komponente. Feedbacknehmern fällt es leichter, Feedback anzunehmen, wenn dies auch zum Ausdruck gebracht wird. Dies gelingt mit der Gesprächsformel der drei Ws:

  1. Wahrnehmung – Beobachtungen beschreiben: Ich habe beobachtet... ; Mir ist aufgefallen...
  2. Wirkung – Beobachtungen Bedeutung geben: Das hatte die folgende Wirkung auf mich..., Das führte dazu..., Ich hatte den Eindruck...
  3. Wunsch äußern – Blick in die Zukunft richten: Ich kann mir vorstellen, wenn du ..., dann ...

Wichtig für den Nehmer

Feedback als Geschenk sehen:

Feedback ist immer eine Gelegenheit, uns mit uns selbst zu beschäftigen und uns zu hinterfragen. Das sollten wir als Bereicherung empfinden und anerkennen, dass der Feedbackgeber sich überwinden und Mühe investieren musste, um uns eine neue Perspektive auf ein Ereignis und uns selbst zu geben. Eine positive Grundhaltung gegenüber Feedback einzunehmen hilft auch, besser mit eventuellen negativen Emotionen umzugehen und nicht einfach in Abwehrhaltung zu gehen.

Es gibt viele Perspektiven:

Der Feedbackgeber teilt seine Perspektive, seine Wahrnehmung einer Situation. Es ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass es immer viele Perspektiven gibt – ganz egal, ob man gerade positives oder negatives Feedback erhält.

Stellung beziehen oder lieber nicht:

Feedback kann aufwühlen, verunsichern und sogar verletzen – und gerade in diesen Fällen weckt es in uns den Wunsch, darauf zu antworten und Stellung zu beziehen. Aber: Gerade so lange Emotionen im Spiel sind, brauchst du vermutlich selbst einen Moment, um das alles einordnen zu können. Alles, was du jetzt sagt, wirkt schnell nach Verteidigung um der Verteidigung willen.

Mein Tipp: Lass negatives Feedback erst einmal stehen, bedanke dich für die
Perspektive und nimm dir Zeit, um dich damit auseinanderzusetzen.

Fazit

Wer nicht übt, wird auch nicht besser

Bei Feedback ist es wie bei allen anderen Skills auch – der Weg zur Meisterschaft liegt in der regelmäßigen Übung. Auch ich vergesse regelmäßig den ein oder anderen Punkt. Also dran bleiben. Und für alle, in deren Verantwortung es liegt, Feedback zu geben: Holt euch doch mal Meta-Feedback dazu, wie gut ihr Feedback gebt. Das bietet euch die Chance gleich beide Skills zu verbessern – Geben und Nehmen.